Sysselive

# 14
Syssel heißt Beschäftigung und Verwaltung, diese Webseite heißt Syssel – ein digitaler Werkatalog wird präsentiert, mit Lesung, Video und Aktion, im Gespräch mit dem Publikum, das den Verlauf der Veranstaltung wählen kann: Garten oder Gemüse? Sport oder Tanz? Wolken oder Regen? Ja oder Nein?

14.05.2014 Staatsgalerie Prenzlauer Berg, Berlin. Im Gespräch mit Florian Feig
30.08.2014 Theaterhaus Mitte, Berlin. Summer’s End. Im Gespräch mit Ariane Sept

# 16
Acker Stadt Palast, Berlin 2016

09.12.2016 “Silene” & “this is not a love song”, Auszüge. Ein deutsch-norwegischer Sprachwechsel in musikalischer Begleitung von Bernd Jestram und Rex Joswig. Aktion mit Rosen, Reis und Erdbeeren.
10.12.2016 “Neue Blume – Briefe aus Äthiopien”. Szenisches Hörstück mit Rex Joswig als Onkel Willy, Anouschka Trocker als Mormor, Tone Avenstroup als ich.
11.12.2016 Auszüge aus “Nauru”, und “sha la la la” in konzertanter Aufführung mit Margareth Kammerer und Aaron Snyder.

The Elephant Hotel

Spiel ist Arbeit

von Robert Mießner

Der älteste Text auf Tone Avenstroups Website befasst sich mit dem »politischen« Theater der DDR, der aktuellste Eintrag kündigt für den Herbst 2014 eine szenische Vernehmung mit Musik von Robert Lippok an: »Nauru. Über den kleinsten Inselstaat der Welt und wie die Bevölkerung schnell reich und wieder arm wurde«. Damit ist die Arbeit Avenstroups keinesfalls umrissen; doch bekommt der Leser eine Ahnung, was die norwegisch-berlinerische Künstlerin an- und umtreibt.

Sie widersetzt sich Kategorisierungen, arbeitet als Lyrikerin, Übersetzerin, Redakteurin, Dramaturgin und Performancekünstlerin. Nicht von ungefähr bezeichnet sie eine ihrer Werkgruppen als »Hybride«. Ihr in nun fast dreißig Jahren entstandenes Werk bildet ein Rhizom, die Website bildet seine Verästelungen und Verknüpfungen nach. Gestaltet wurde die Seite von der Stadtplanerin Ariane Sept. Ganz klassisch hat sie eine Suchfunktion eingebaut; indes empfiehlt sich, die Fundstücke einmal den Zufall zu überlassen.

Wenn Avenstroup ihre Seite »Syssel« nennt, bezieht sie sich auf ein altes skandinavisches Wort für Tätigkeit oder Verwaltung. Das mag profan klingen; aber »Syssel« meint auch: Hobby oder Steckenpferd. Worte, die nahe an einem Begriff liegen, der Avenstroups Arbeiten schön charakterisiert. Es ist derjenige des Spiels. »Syssel« dokumentiert Aktionen, Performances, Theaterarbeiten und Lesungen als Spiel, als Begegnungen zwischen Künstlern und Publikum, die den dabei entstehenden utopischen Raum bewusst ausloten.

Avenstroup weiß, dass zur Utopie auch die deutliche Absage gehört. »Auf Ja wäre es doch nur halb so schön« heißt es in »Nein«, einem Schauspiel des Ostberliner Schriftstellers Jörg-Michael Koerbl. Avenstroup brachte 2012 den Text mit dem Aktionstheater der Neinbande im Berliner AckerStadtPalast zur Uraufführung. Unlängst gastierte die Neinbande in Norwegen. In der Berliner Inszenierung agierten die Schauspieler und Musiker in einem vom Publikum gebildeten Kreis; das Frontale des herkömmlichen Theaters war aufgehoben.

Als Avenstroup im Frühjahr dieses Jahres in der Staatsgalerie Prenzlauer Berg ihre Website das erste Mal präsentierte, durften die Zuhörer als Stichwortgeber fungieren. Das wird im Theaterhaus Mitte nicht anders sein: Ein Abend in Form eines Kettenbriefs; allerdings eines, der in mehrere Richtungen geht. Wenn sich dabei der utopische Sozialist Charles Fourier und Georges Bataille, der Philosoph der Verschwendung, ein Stelldichein geben, ist das ausdrücklich im Sinne der Künstlerin.